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Zum Zusammenhang von Ästhetik und Metaphysik (auch zu Nietzsche)

Fragment von Hans-Jürgen-Krahl

nach der Handschrift (im Verlag Neue Kritik)

Editorische Vorbemerkung der Redaktion: Der Hintergrund der Entstehung dieser Notiz ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung unbekannt. Sie befindet sich heute mit einer Reihe anderen ähnlichen Notizen und kurzen Texten zu verschiedenen Autoren in einer Mappe im Krahl-Nachlass, der im Verlag Neue Kritik in Frankfurt lagert.


Zum Zusammenhang von Ästhetik und Metaphysik (auch zu Nietzsche)

Das Ästhetische indiziert den der Metaphysik als prima philosophia immer wieder mißlingenden Vermittlungsversuch von Allgemeinem und Besonderm vice versa der herkömmlichen metaphysischen Vektoren. Nicht läßt sich die Idee gnädig zum sinnlichen Material herab und in dieses sich ein, sondern zieht es gleichsam zu sich hinaus und umgibt sich mit der Aura des konkret Sinnlichen. Doch der hartnäckige Schein des Sinnlichen an der Idee trübt das reine Apriori. Das Ästhetische bezichtigt auf ästhesiologischer Stufe der Erkenntnistheorie deren ontologische Lehre von der reinen Unvermitteltheit der Formen immer auch der Lüge. Die reine Form idealisiert in der Ästhetik nicht die bloß unbestimmte [unleserlich] als ewigseiende Essenz zum konkreten Dasein, sondern versinnlicht sich selbst und beraubt sich ihrer Reinheit. So ist das Schöne der Gegensatz zum Identischen, immer Ausdruck der Angewiesenheit jeglicher Transzendenz auf Immanenz, so wie die Utopie von der innerweltlichen Geschichte abhängt. Das mit eben der Flüchtigkeit der unsteten Sinnenwelt tangierte Bleibende überführt die Metaphysik ihrer Abhängigkeit von innerweltlicher Erfahrung. Zur Dialektik des Ästhetischen gehört, daß es als metaphysischer Gedanke diesem selbst widerspricht. Das Schöne als metaphysischer Gedanke ist die gesamte philosophia perennis hindurch das sinnliche Scheinen der Idee (Dialektik von Wesen und Erscheinung -- Hegel/Nietzsche) als das Platon es erstmalig bestimmt. Mit dieser metaphysischen Bestimmung des Ästhetischen jedoch hat es in vieler Hinsicht eigentümliche dialektische Bewandtnis, die mit Notwendigkeit in die Aporie jeglicher ontologischer Metaphysik zwingt.

Das kritische Wesen der Kunst transzendiert das Transzendente, indem es die Unendlichkeit oder das wahre Sein unterbietet und mit den leidverursachten Malen der Immanenz schlägt. Der entmythologisierende Charakter der Kunst. Andererseits hat das Schöne auch einen stur ontologischen und verdinglichenden Index der widerspiegelnden Verdoppelung von dem, das ist. (Tragisches Wesen der Metaphysik und metaphysisches Wesen des Tragischen)

Ideologie an Kunst ist, daß das Wesen als Schönes vortäuscht, da zu sein, Erscheinung vortäuscht: der verdinglichte Charakter.

Quelle: Mappe 15 b Ästhetik, Verlag Neue Kritik, Frankfurt a.M., Seiten 33 und 34
Transkription: Redaktion Krahl-Briefe