Wert und Allegorie
Editorische Vorbemerkung: Bei dem vorliegenden Fragment handelt es sich um einen Teil der unvollendeten Dissertation Krahls, der nicht den Eingang in "Konstitution und Klassenkampf" gefunden hat. Dafür ist er abgedruckt in: Hans-Jürgen Krahl: Ausgewählte Werke, Helsinki 1970, S. 7.
Wert und Allegorie
Aus den Theorien Benjamins und Adorno folgt eine materialistische Lehre -- nicht sowohl der Widerspiegelung als vielmehr der Konvergenz und Analogie zwischen der kapitalistischen Organisation der Produktionswelt in Warenform und ästhetischen Gebilden. Diese Einsicht zielt ins Zentrum einer materialistischen Ästhetik vor allem Adornos -- bei Benjamin wird es ergänzt von der Theorie des Autors als Produzenten, welche fordert, der Autor möge mit Bewußtsein ästhetisch produzieren, was er zuvor blind herstellte -- also immanent ansetzt an der ästhetischen Reflektion, welche spätestens seit Heine im Innern des Kunstwerks selbst ansetzt. Dies Desiderat Benjamins, das aus Brecht gebildet ist, konnte sich als Postulat nach epischer Kunst begreifen.
Seit der Romantik, spätestens seit Baudelaire, bestimmt sich der ästhetische Gehalt, die Wahrheit der Kunst aus der Trauer über das Sterben der Gebrauchswerte -- die nature morte --, wie es der Tauschverkehr und die Warenproduktion täglich intendieren (Romantik, Alltagsleben, Geld, intelligibles Subjekt, der verlorene und verdinglichte Schatten Peter Schlemiehls, dessen Seele kein Äquivalent sein kann). Die daseiende Abstraktion des Tauschwerts von den besonderen Gebrauchswerten ruiniert die Gebrauchswerte und Bedürfnisse, macht sie zur Allegorie, läßt sie absterben. Die Kunstform der Allegorie und die Warenform des Produkts korrespondieren einander. In ihr reflektiert die Kunst leidend auf den Schuldzusammenhang, in den hinein sie verstrickt ist, der sich in der Apologie abstrakter Arbeit ausdrückt, der philosophierenden Abstraktion, die alle Natur nur als Entäußerung des lebendigen Geistes und damit, mit Feuerbach zu sprechen, unter dem Bilde des Todes anschaut. Reiner Geist ist absolute Barbarei. Die Abstraktion von der sinnlichen Animalität der Menschennatur reduziert sie auf die Bestialität.
(Dekandenter Charakter)
Die transzendentale Macht des Geldes, des Geheimnis des Geldrätsels, die verzerrende Erscheinungsformen der Zirkulation bilden den Gegenstand der romantisierenden Vulgärökonomie wie die ästhetische Substanz der romantischen Kunst, die von der Verdinglichung wie vom Leiden an der Verdinglichung lebt. In der Zweidimensionalität romantischer Kunst: Arbeitszeit -- Zeit des Leidens -- oder permanenter Sonntag -- märchenhafte Zeit der Freiheit (Transzendalität; was heißt transzendentale Ironie bei Schlegel; der Begriff der Transzendalität in der romantischen Kunst.)
Zeit als ästhetische Substanz bei Proust/Zeit in der Musik (dazu Adorno). Die Romantik ist geblendet vom Rätsel des Geldfetisch -- die totale Verrätselung der Welt.
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